Lecture Performance: Impulsreferat von Christopher Dell
Symposium Bürolandschaft
Documenta 12, Documenta 12 Magazines, Bürolandschaft
Eine vergessene Reformstrategie der deutschen Nachkriegsmoderne
Datum: Freitag, 20. Juli 2007, 14 – 20 Uhr
Ort: ARCH+ Projektraum „The Making of Your Magazines“ im KulturBahnhof, Südflügel, Bahnhofsplatz, Kassel
Bürolandschaft. Was tun?
Vorträge und Diskussion zu einer vergessenen Reformstrategie der deutschen Nachkriegsmoderne
Freitag, 20. Juli 2007, 14 – 20 Uhr
Das Quickborner Team (QT) gehört – neben der HfG Ulm mit der Zeitschrift ulm, dem Lehrstuhl für Entwerfen mit seinen Veröffentlichungen zur Architektur (VzA) von Oswald Mathias Ungers und dem Institut für leichte Flächentragwerke mit seinen Mitteilungen IL von Frei Otto – zu den wenigen international ausstrahlenden Beiträgen der deutschen Architektur nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Unterschied zu den genannten Institutionen handelt es sich beim QT weder um eine Hochschule noch um ein Institut, sondern um ein privates Unternehmen für Büroraumgestaltung. Umso höher ist sein Beitrag zu bewerten. 1959 wurde das QT von Eberhard und Wolfgang Schnelle in Hamburg gegründet, 1961 zog es nach Quickborn, einem Vorort von Hamburg, nach dem sich das Büro schließlich benannte.
Bekannt geworden ist das QT durch das Konzept der Bürolandschaft. Diese war der Versuch einer Alternative zum amerikanischen Export des Gro.raumbüros, die es erlauben sollte, die Büroarbeit nach neuen Kriterien zu organisieren um dadurch einen Beitrag zur Humanisierung der Arbeit zu leisten – dem großen Traum der 1960er Jahre. Die Kriterien der neuen Büroraumgestaltung entwickelten die Gebrüder Schnelle aus genauen Analysen der Arbeitsabläufe und aus dem Studium der Bewegungen sowie neuen Managementtheorien. Sie stellten sich beispielsweise die Frage, wann Projektgruppen sinnvoll sind, wann Einzelarbeit notwendig ist etc. Hierbei stützten sie sich auf die Vorarbeiten der im Zweiten Weltkrieg entwickelten Metawissenschaften, wie der Kybernetik und Systemtheorie, die sie im eigens hierzu gegründeten Verlag Schnelle publizierten, in dem beispielsweise die Schriften von Kurd Alsleben und Helmar Frank erschienen.
Was können wir heute vom Konzept der Bürolandschaft angesichts digitaler Arbeitswelten lernen? Entstanden am Vorabend der Digitalisierung des Büros, sucht sie noch räumlich zu organisieren, was heute durch das Netz und die Vernetzung der Arbeit ganz unräumlich geschieht und praktiziert wird. Ist der Raum heute also noch eine Möglichkeit der Büroorganisation? Es lohnt sich, die Bürolandschaft als räumliches Modell neu und kritisch zu diskutieren, um sich der vergessenen Traditionen zu versichern, die sich mit ihr verbinden.
Ein zentrales soziales Anliegen der Bürolandschaft war die Hoffnung auf Humanisierung der Arbeit durch ahierarchische Raumorganisation. In der historischen Rückschau wollen wir nachfragen, ob die Idee der Humanisierung der Arbeit nichts weiter als ein von außen hineingetragener Traum war oder in welcher Form sie auch heute noch eine Möglichkeit der Büroorganisation sein kann.